Zuletzt aktualisiert am 20. September 2024
Minimalismus mit Kindern oder Minimalismus im Familienleben – das mag im ersten Moment vielleicht komisch klingen, weil viele Menschen mit Minimalismus Ausmisten verbinden und gar nicht so sehr mit Kindern in Verbindung bringen. Dabei ist Minimalismus viel mehr, als nur bloßes Ausmisten: Minimalismus kann das ganze Familienleben beeinflussen.
Viele Kinder sind, genau wie viele Erwachsene, den ganzen Tag im Dauerstress oder im Dauerempfang: Sie verbringen viel Zeit in Kindergarten oder Schule (wir dürfen nie vergessen, was Kinder eigentlich leisten!), sind oft umgeben von vielen und lauten Reizen, in den Kinderzimmern türmen sich viele Spielsachen, manchmal kommt noch der Medienkonsum hinzu und durch die Digitalisierung ist sowieso alles immer verfügbar und allgegenwärtig. Ich erlebe in meiner Tätigkeit als Schulsozialarbeiterin, aber auch als Mutter, dass selbst Ärger, Stress und Streit mit Klassenkamerad:innen durch die Sozialen Medien in den eigentlichen Ruhe- und Schutzraum – dem eigenen Kinderzimmer – kommen. Auch bei Kindern kommt es schon vor, dass es von vielem zu viel gibt.
Inhaltsverzeichnis
Stress bei Kindern
Dauerberieselung als Erziehungsmethode
Immer wieder höre ich von Situationen, in denen Fernseher und Handys zum Familienleben gehören. Der Fernseher ist dauerhaft eingeschaltet, sogar beim Essen, die Handys sind immer dabei. Manchmal wird auch gar nicht am Tisch, sondern gemeinsam oder allein vorm Fernseher oder am Handy gegessen. Ist ein Kind unruhig, will nicht schlafen oder Autofahren, werden oftmals Medien in Form von Spielen oder Serien hinzugezogen. Oft geschehen diese Dinge nicht aus Böswilligkeit oder mangelndem Interesse dem Kind gegenüber, sondern aus Überforderung oder dem Versuch, Kinder, Job und Alltag unter einem Hut zu bringen. Auch wenn die Kinder für diesen Moment ruhig sind, stehen sie innerlich unter Dauerbespaßung, Gehirn und Körper können nicht zur Ruhe kommen.
Voller Terminkalender bei Kindern
Für Kinder kann der Alltag ganz schön anstrengend werden. Wenn wir Erwachsenen sechs, acht oder mehr Stunden arbeiten und nach Hause kommen, brauchen wir oft erst etwas Ruhe. Bei Kindern wird dieses Ruhebedürfnis manchmal übersehen. Manche Terminkalender von Kindern gleichen dem eines Managers. Oder aber Kinder verbringen ihre Zeit zu Hause in oft reizüberfluteten Räumen, vorm Fernseher oder am Handy.
Versteht mich nicht falsch. Nicht alle Termine müssen für Kinder Stress bedeutet und natürlich sind Medien nicht per se schlecht. Natürlich kann ein Kind am Handy sitzen oder mal eine Serie schauen. Es kommt auf das Maß und auf die sonstige Alltagsgestaltung an.
Stress ansich kann auch Kräfte freisetzen und nicht jeder Stress ist negativ. Belastender Stress entsteht erst dann, wenn mit den Terminen negative Gefühle beim Kind einhergehen, beispielsweise Ängste oder Sorgen. Es gibt drei Hauptursachen für Stress bei Kindern:
- Entwicklungsaufgaben (Bewältigung von Kindergarten und Schule),
- einschneidende Lebensereignisse (z. B. Verlust eines Familienmitgliedes) oder
- dauerhafte Überforderung im Alltag.
Auf den Punkt „Überforderung im Alltag“ bezieht sich mein Artikel.
Wir übersehen leicht die Stresssymptome der Kinder
Egal ob Dauerberieselung oder voller Terminkalender, manche Kinder zeigen ihren Stress deutlich: Sie werden als frech, aggressiv, ungezogen, laut oder schwierig wahrgenommen. Es scheint, als stünden sie unter Dauerstrom, seien nervös und könnten nur schwer zur Ruhe kommen. Sie wirken unruhig und zappeln hin und her, können sich nur schwer konzentrieren. Es gibt immer wieder Konflikte, weil Kinder oppositives Verhalten zeigen. Manchmal klagen sie auch über Kopf- oder Bauchschmerzen oder Einschlafstörungen. Dabei ist das bei manchen Kindern ihre Art auszudrücken, dass es ihnen zu viel ist.
Es ist daher total wichtig, dass wir als Eltern unseren Kindern helfen, Ruhe zu finden und sich auf die Stärken zu konzentrieren. Wir müssen ein Verständnis für unsere Kinder entwickeln und sie verstehen lernen. Wir als Eltern sind – bis zu einem gewissen Alter – in der Verantwortung, unseren Kindern dabei zu helfen, sich selbst zu regulieren und den Stress zu reduzieren. Minimalismus kann dabei helfen.
Minimalismus bedeutet das Leben einfach zu halten
Minimalistisch zu leben bedeutet, das Leben einfach zu halten und sich nicht unnötigen Ballast aufzuhalsen. Es geht um ein Weniger an materiellen Dingen und um ein Mehr an Glück, Zufriedenheit und Zeit. Dazu gehört auch, den Terminkalender nicht zu voll zu packen und Zeit für Dinge zu haben, die einem gut tun. Das klingt jetzt vielleicht zu einfach, um wahr zu sein, oder? Es ist aber wirklich so eine einfache Denkweise. Aber zuvor noch ein paar grundlegende Gedanken:
Anschaffungen: Manchmal praktisch, aber oft unnötig
Die Werbung suggeriert uns, dass wir mehr benötigen und dass wir nur glücklich sein könnten, wenn wir dieses oder jenes besäßen. Zugegeben, mache Dinge sind wirklich äußerst praktisch, aber oftmals doch einfach unnötig. Manchmal versuchen wir, eine innere Leere oder Unzufriedenheit durch Konsum zu kompensieren. Das führt dazu, dass es uns kurzfristig besser geht, langfristig führt dies aber nur in einen Kreislauf: Kaufen – Glücksgefühl setzt ein – Gefühl lässt nach – Neuer Kauf…. Dadurch verlieren wir den Blick für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.
Gerade wenn das erste Kind erwartet wird, wird man mit allen möglichen und vermeintlich wichtigen Konsummöglichkeiten konfrontiert: Kinderzimmereinrichtung, Pflegeprodukte, Kinderwagen (da war ein Autokauf leichter!), Babywippen, Flaschen, Windeln, Spielzeug etc. Dabei brauchen Kinder, insbesondere im Babyalter, nur sehr, sehr wenig. Aber da fängt der Konsumwahn und die Verunsicherung der Eltern schon an.
Probleme lassen sich nicht durch Konsum beheben
Probleme lassen sich durch Konsum auch nicht beheben. Vielmehr führt der problemorientierte Konsum zu weiteren Problemen: Das Geld ist knapp, vielleicht verschuldet man sich, die Gefühlslage wird abhängig vom Konsum, die Wohnung wird voller, man verliert die Übersicht oder gar die Orientierung. Man verliert sich im Materialismus.
Das Problem der vollgestellten Kinderzimmer
Der Überfluss im Kinderzimmer
Viele Kinder führen von klein auf ein Leben im Überfluss und haben von allem zu viel. Manche Kinder werden auch früh zu Menschen herangezogen, die sich über das Materielle definieren.
Es gibt aus meiner Sicht unterschiedliche Gründe, warum die Spielzimmer der Kinder mit Spielzeugen überfüllt werden. Hier mal ein kleiner Auszug meiner Ideen:
- Heute ist vieles schnell verfügbar, leicht zu bekommen und kostet nicht mehr so viel Geld.
- Es macht Spaß und große Freude, Kinder zu beschenken.
- Manche Eltern und/oder Verwandten kompensieren wenig Zeit mit materiellen Geschenken.
- Manche Familien sind am Konsum orientiert und leben im Materialismus.
- ……….
Natürlich sind meine Gründe kein Muss, sondern ein Kann und die Liste kann noch beliebig weitergeführt werden.
Keine Frage, es ist wunderschön, Kinder zu beschenken. Aber auch hier macht es wieder das Maß. Zu viel ist nicht gut für Kinder, man tut ihnen damit keinen Gefallen. Wie sollen Kinder lernen Wünsche aufzuschieben, etwas nicht zu besitzen oder sich bei der Erfüllung von Wünsch zu freuen?
Bei dem Überfluss an Spielsachen ist es nur ganz natürlich, dass sie sich zwischen den Spielsachen nicht entscheiden können. Und fraglich ist auch, ob da jemals Langeweile aufkommt. Dabei ist Langeweile so wichtig für Kinder!
Kinder brauchen Langeweile
Wenn Kinderzimmer also nicht so vollgestellt sind, hat das Kind die Möglichkeit, Langeweile zu entwickeln. Es fängt an, selbst nach Möglichkeiten zu suchen, sich zu beschäftigen. Dadurch werden sowohl Kreativität als auch Selbstständigkeit gefördert.
Diese Phasen benötigt jeder Mensch, um sich weiterzuentwickeln und das kann nur funktionieren, wenn man schon als Kind lernt, Langeweile auszuhalten und mit ihr umzugehen. Das bedeutet natürlich nicht, dass Kinder sich alleine ausgesetzt werden und zusehen sollen, wie sie mit der Situation umzugehen haben. Es geht darum, das Kind, je nach Alter, gelegentlich dabei zu unterstützen, Anregungen für Beschäftigungen zu finden, die es selbst weiterentwickeln kann.
Spielsachen zum Weiterentwickeln
Ist ein Kinderzimmer zu vollgestellt, ist die Umgebung quasi vorgefertigt. Sinnvoll ist es, dem Kind einige wenige Spielsachen ins Zimmer zu stellen und dabei darauf zu achten, dass es kreativ werden kann. Was ist mit alten Stoffresten, Kartons, Stiften, Papier, Bausteinen, Kuscheltieren, Spielsachen für Rollenspiele, Spielsachen zum kreativen Zusammensetzen und Bauen oder Naturmaterialien?
Deinem Kind wird dadurch die Möglichkeit gegeben, Fantasie zu entwickeln und sich im freien Spiel zu verlieren. Die Vorstellungskraft und auch das Ideenreichtum werden gefördert, was dazu führt, dass Kinder sich besser konzentrieren können.
Kinder brauchen Ordnung
Ich selbst kenne das: Steht bei uns zu viel herum, fühle ich mich schnell überfordert und werde handlungsunfähig. Wie soll es einem Kind da besser gehen und den Überblick in seinem Kinderzimmer behalten?
Kinder brauchen zur Orientierung und Sicherheit Ordnung. Ein minimalistischer Haushalt und ein Kinderzimmer mit wenig Spielzeug, schaffen Klarheit und Ordnung. Dadurch werden Kinder (und auch wir Erwachsene) weniger überfordert, weil jedes Teil seinen eigenen, festen Platz hat. Es ist so auch einfacher aufzuräumen und Ordnung zu halten.
Minimalismus mit Kindern im Familienleben
Es ist gar nicht so einfach, Minimalismus mit unterschiedlichen Person unter einen Hut zu bringen. Jeder hat andere Leidenschaften, andere Wünsche, andere Bedürfnisse. Wichtig ist, dass jedem sein Freiraum gelassen wird, den er benötigt. Ich habe in diesem Beitrag Minimalismus mit Kindern – so kann es gelingen darüber ausführlich gebloggt und Tipps gegeben. Darauf werde ich an dieser Stelle nicht eingehen, lies dir gerne den Beitrag durch. Ich möchte jetzt darauf eingehen, warum Minimalismus mit Kinder und Minimalismus im Familienleben wichtig ist und welche Vorteile er hat.
Minimalismus fördert Kreativität
Dein Kind benötigt Zeit: Zeit für sich, Zeit zum Spielen, Zeit für Freunde, Zeit zum Entspannen, Zeit zum Langweilen. Wie ich zuvor schon schrieb: Kinder brauchen diese Langeweile. Dadurch wird Kreativität gefördert. Wenn du dich auf Wesentliche, zum Weiterentwickeln einladende Spielsachen beschränkst und deinem Kind Zeit lässt, wird dein Kind vielfältige Ideen entwickeln. Nicht das Spielzeug soll das Spiel vorgeben (wie z. B. bei Apps), sondern das Kind.
Es ist mir auch vollkommen klar, dass Minimalismus in Bezug auf Gegenstände dann schwer werden kann, wenn die Verwandten ins Spiel kommen oder der Kindergeburtstag anstehen. Hier kannst du mal überlegen, ob Geschenke immer Materiell sein müssen oder ob es nicht auch mal Zeit sein kann?: Ein Ausflug, gemeinsames Backen, Kochen…. Dadurch werden vielfältige Fähigkeiten und Kreativität gefördert und gemeinsame Erinnerungen gesammelt, an die sich alle Beteiligten lange erinnern können. Diese Erinnerungen wiederum können schöne Gefühle auslösen. Beim Kindergeburtstag kann man überlegen, ob die eingeladenen Kindern nicht ein gemeinsames Geschenk schenken, statt vieler Kleiner.
Dadurch bleibt das Kinderzimmer leerer und sollte das Kinderzimmer wieder zu voll werden, haben wir hier einen Tipp für dich, wie du leichter entrümpeln kannst: So misten wir langfristig aus.
Minimalismus reduziert den Stress
Mein Arbeitsalltag ist stressig. Ich habe mit sehr vielen Menschen am Tag und mit unterschiedlichen, teils schwierigen Problemlagen zu tun. Wenn ich nach Hause komme, möchte ich Ruhe und Zeit mit der Familie haben und einen geordneten Haushalt vorfinden, weil er mir Sicherheit und Ruhe schenkt. So geht es auch vielen Kindern – zum Beispiel meinen. Sie haben in der Schule viel Stress (der ja nicht immer negativ sein muss), erleben viele Eindrücke, müssen ihren Job machen. Ein geordneter Haushalt und ein geordnetes Kinderzimmer können dann zur Ausgeglichenheit und Stressreduktion beitragen. Es liegt ja auf der Hand: Ist man nicht überfordert, kann man leichter entspannen.
Außerdem sorgt ein weniger managerähnliche Kalender auch für weniger Stress. Kinder müssen nicht den ganzen Tag unter Dauerberieslung stehen und brauchen auch Ruhe und Zeit zum Spiel alleine oder mit Freunden. Es wird oft vergessen oder unterschätzt, wie wichtig Spielen ist – manchmal sogar noch wichtiger, als fünf Hobbys gleichzeitig auszuüben.
Minimalismus fördert den bewussten Konsum
Wir leben unseren Kindern seit einigen Jahren eine konsumkritische Haltung vor. Wir möchten, dass sie sich ihre Träume und Wünsche erfüllen, darüber aber vorher nachdenken. Wie oft kommen Spielsachen ins Haus, die nach zwei Mal spielen in der Ecke liegen?
Ein Beispiel
Mittlerweile denken unsere Kinder in der Regel vorher nach, bevor sie etwas kaufen – nicht immer, aber immer öfter. Da sie diese Spielsachen aber von ihrem Taschengeld kaufen müssen, machen sie auch die Erfahrung, dass sie Geld für Dinge ausgegeben haben, die sie vielleicht gar nicht glücklich gemacht haben. Wir hatten auch schon die Situation, dass sich unsere Jüngste ein Spielzeug gekauft hat, wovon wir ihr abgeraten haben (irgend so ein überteuertes Überraschungsei für knapp 10 Euro). Als sie zu Hause war machte sie das Ei voller Freude auf und stellte fest, dass sie den Inhalt schon hatte. Sie war hochgradig enttäuscht und weinte bittere Tränen: „Na toll, jetzt habe ich mein Geld für Quatsch ausgegeben.“ Ja, richtig! Auf Eltern hört man natürlich nicht, daher muss man erst selbst das Gefühl spüren. Seitdem hat sie sich so ein Ei nicht mehr gekauft. Das Taschengeld müssen sie selbst verwalten, da mischen wir uns nicht direkt ein. Sie müssen Erfahrungen selbst machen und lernen dadurch, bewusster mit ihrem Geld umzugehen.
Aber auch allgemein achten unsere Kinder mehr und mehr darauf, dass ihre gewünschten Spielsachen fair hergestellt oder gebraucht gekauft werden. Sie hinterfragen viel mehr und das ist so schön zu sehen. Klappt natürlich nicht immer, aber es ist eine positive Entwicklung zu sehen. Und wenn langersehnte Wünsche dann erfüllt werden, steigt eine wirkliche Freude auf.
An dieser Stelle möchte ich dir auch die Doku The True Cost empfehlen.
Minimalismus im Familienleben spart Geld und schenkt Zeit
Auch das ist ein Punkt, den man nicht außer acht lassen sollte. Wir sparen Geld, wenn wir minimalistischer Leben. Wir müssen weniger arbeiten, weil wir weniger Geld brauchen. Wir können mehr sparen und uns mehr gemeinsame Zeit (auch Ausflüge, Urlaube) leisten.
Minimalismus hat für uns viele Vorteile. Wie ist das für dich?
Wenn du dich für Minimalismus interessierst, findest du hier viele weitere Artikel. Wenn du dich auch zum Thema Nachhaltigkeit informieren möchtest und auf der Suche nach Erfahrungen, Tipps, DIYs etc. bist, klick mal hier.
Liebe Grüße,
Jani
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