Wie nachhaltig sind Periodenprodukte wie Tampons, Binden, Periodenslips und Menstruationstassen?

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Zuletzt aktualisiert am 29. Mai 2023

Wer sich für Nachhaltigkeit und Minimalismus interessiert, kommt als Mensch mit Menstruation nicht an Periodenprodukten vorbei und muss sich mit der Ökobilanz und Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Ich habe selbst schon geschrieben, dass ich ein großer Fan von Stoffbinden und Menstruationstassen bin. Aber wie nachhaltig sind Periodenprodukte wie Tampons, Binden, Menstruationstassen und Periodenslips wirklich? Um dem einmal nachzugehen, haben wir uns zwei Studien angesehen.

Die Firma einhorn hat eine Studie zur Ökobilanz von Periodenprodukten durchgeführt und 03/2022 veröffentlicht. Untersucht wurden unterschiedliche Einweg-Tampons und Binden sowie wiederverwendbare Menstruationstassen. Aber auch die Firma Johnson und Johnson hat 2019 eine Studie dazu veröffentlicht. Beide Studien wurden von unabhängigen Experten gegengeprüft und geben einen guten Anhaltspunkt für die Zahlen und Fakten. Trotzdem muss man sie kritisch betrachten und hinterfragen, da beide Unternehmen Menstruationsprodukte herstellen. Da immer mehr Periodenslips auf den Markt kommen und vor Pestiziden gewarnt wird, schauen wir uns diesen Aspekt natürlich auch direkt mit an.



Was ist eigentlich eine Ökobilanz?
Eine Ökobilanz ist eine wissenschaftliche Methode, um die umweltbezogene Vorgänge und Prozesse zu messen und bewerten. Dabei stehen vor allem die relevanten, potentiellen schädlichen Auswirkungen auf Boden, Luft und Wasser sowie Rohstoffeinsätze und Emissionen, die in Verarbeitung, Entsorgung und Transporten entstehen, im Fokus.

Ökobilanz von Periodenprodukten – Studie von einhorn

Die Studie wurde durch einhorn und weiteren Partnerïnnen für Einweg- und wiederverwendbare Periodenprodukte finanziert. Durchgeführt wurde die Studie von GreenDelta. Weitere drei unabhängige Expertinnen haben die Studie geprüft (Review Panel). Die Studie wird den internationalen Standards für Ökobilanzen gem. ISO 14040/44 gerecht.1

Was wurde untersucht?

Die 2022 veröffentlichte Studie untersuchte den Einfluss des gesamten Produktlebens auf die Umwelt, also von der Gewinnung der Rohmaterialien, über Herstellung, Transport, Nutzungsdauer und Entsorgung/Verwertung, anhand von 16 Umweltkategorien. Zu den Umweltkategorien zählen u.a. Klimawandel, Wasserknappheit, Ressourcenverbrauch und Landnutzung. einhorn hat die Studie in Auftrag gegeben und wurde dabei von unabhängigen Menstruations- und Ökobilanzexpertïnnen begleitet.1

Untersucht wurden folgende Produkte:

  • Menstruationstasse
  • Konventionelle Tampons und Binden mit hohem Kunststoffanteil
  • Tampons und Binden mit Bio-Baumwolle

Ergebnisse

Menstruationstassen

Für die Nutzung von Menstruationstassen werden wegen der Reinigung regelmäßig Strom und Wasser verbraucht. Das macht den größten Einfluss auf die Umwelt aus. Herstellung und andere Lebensphasen hingegen haben nur einen geringen Einfluss auf die Umweltkategorie. Dafür aber haben Menstruationstassen durch ihre Wiederverwendbarkeit eine sehr lange Lebensdauer. Im Vergleich zu den untersuchten Wegwerfprodukten weist die Menstruationstasse den geringeren ökologischen Fußabdruck auf. Im Vergleich zu Wegwerfprodukten kann die Menstruationstasse bis zu 79 % des CO2-Fußabdruck einsparen.2

Tampons & Binden

Die Ökobilanz von  Wegwerf-Tampons und konventionellen Binden liegt im Mittelfeld. Je nach Umweltkategorie schneiden die Produkte unterschiedlich ab. Eine entscheidende Rolle spielen die verwendeten Rohstoffe und die Menge. Tampons aus Bio-Baumwolle schneiden etwas besser ab als herkömmliche Tampons. Herkömmliche/Konventionelle Binden verbrauchen zwar mehr Material als Tampons, jedoch ist der Fußabdruck während der Nutzungsdauer geringer.2

Binden aus Bio-Baumwolle

Die Bio-Baumwoll-Binden schneiden wegen der vergleichsweisen hohen Menge an Material, das zur Herstellung gebraucht wird, in vielen Umweltkategorien am schlechtesten ab. Konventionelle Binden, die zur Flüssigkeitsaufnahme Superabsorber aus Kunststoff enthalten, brauchen einfach nur weniger Material und sind dadurch leichter, was zu einer besseren Bewertung führt. Die Bio-Baumwoll-Binde selbst ist in 10 von 16 Umweltkategorien der konventionellen Binde überlegen.2

Ökobilanz von Periodenprodukte – Studie Johnson und Johnson

Die im Jahr 2019 veröffentlichte Studie wurde von Johnson und Johnson in Auftrag gegeben, durch das Institut für Umweltinformatik (Gifu) in Hamburg durchgeführt und ebenfalls von einem unabhängigen Expertenteam begleitet. Die Studie erfüllt die Kriterien nach ISO-Standard 14040 und 14044.3 

Was wurde untersucht?

Untersucht wurde der ganze Lebenszyklus beginnend mit der Ressourcengewinnung, über die Herstellung der Vorprodukte, Produktion und Vertrieb, Nutzung, Lebensende, Entsorgung und Recycling anhand von sechs Wirkungskategorien: Erschöpfung abiotischer Ressourcen, Landnutzung, Klimawirkung, fossiler Ressourcenverbrauch, Frischwasserverschmutzung und Wasserverbrauch.

Getestet wurden herkömmliche Tampons und Bio-Tampons  und Menstruationstassen von jeweils fünf verschiedenen Herstellern. 

Ergebnisse

In der Studie zeigen sich keine Vorteile einzelner Produkte. Folgende Beispiele werden aufgeführt:3 

Viskosetampons

Tampons bestehen i.d.R. aus Viskosefasern, die auf Cellulose basieren. Diese würden üblicherweise aus nachhaltig bewirtschafteten Forstgebieten stammen. Tampons seien im Wasserverbrauch und in der Klimawirkung überlegen, weil kein wasserintensiver Bio-Baumwollanbau und keine Ressourcen für die Reinigung notwendig seien.

Bio-Baumwolltampons

Bio-Baumwolltampons seien in der Überdüngung und Klimawirkung überlegen. Der organische Dünger im Bio-Baumwollanbau habe einen geringen Einfluss auf die Überdüngung von Oberflächengewässern. Allerdings benötige der Anbau von Bio-Baumwolle sehr viel mehr Wasser und Land, als bei der Herstellung herkömmlicher Tampons gebaucht wird. 

Menstruationstassen

Menstruationstassen seien in der Landnutzung und Klimawirkung von Vorteil. Sie sind wiederverwendbar und benötigen weniger Materialien/Rohstoffmengen in der Herstellung und weniger genutzte Fläche. Dafür verbrauchen Menstruationstassen bei der Reinigung und beim Abkochen regelmäßig Wasser, Reinigungsmittel und Strom. 

Bei der Klimawirkung gebe es keine signifikanten Unterschiede, weil der Materialeinsatz für die Herstellung von Tampons dem Energieaufwand während der Reinigung und des Abkochen der Menstruationstassen gegenüberstünde.3 

Zum Energieaufwand während der Reinigung und des Abkochens der Menstruationstassen hat einhorn, basierend auf den Ergebnissen der oben vorgestellten Studie1, eine weitere wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag gegeben5, auf die wir weiter unten kurz eingehen werden. Vorweg, weil es an dieser Stelle passt: Der Energieaufwand während der Reinigung und Sterilisation lässt sich massiv reduzieren und entkräftet das Argument des hohen Ressoucenverbrauchs während des Abkochens von Menstruationstassen.

Periodenunterwäsche

Bei Periodenslips ist es, genau wie bei waschbaren Binden, sehr wichtig, Krankheits- und geruchsbildende Keime beim Waschen abzutöten. Das gelingt erst bei einer Waschtemperatur von 60 Grad. Viele Periodenslips dürfen aber nicht bei 60 Grad gewaschen werden, weshalb einige Hersteller Biozide einsetzen, um Keime, wie Bakterien und Pilze, abzutöten. Manche Expertïnnen sehen in den Bioziden schädliche Wirkungen und unerwünschte Nebenwirkungen auf die Gesundheit und Umwelt. Dabei ist oft nur schwer herauszufinden, ob die Periodenslips Biozide enthalten. Viele Hersteller seien dabei sehr intransparent, obwohl eine Kennzeichnungspflicht bestehe, wenn mit den Bezeichnungen „antibakteriell“, „bakterienhemmend“ oder „mit Geruchsschutz“ geworben werde, beschreibt Kramer im Redaktionsnetzwerk Deutschland.4

Warnung vor Auswirkungen auf die Umwelt

Häufig werden in Periodenslips Silberchlorid und Zinkpyrithion eingesetzt. Beides sind sehr giftige Substanzen mit langfristiger Wirkung für Wasserorganismen. Beide Substanzen haben den Zweck, Lebewesen zu schädigen und abzutöten. Bei jedem Waschgang gelangen kleine Teile der Substanzen über das Waschwasser in die Kläranlagen und damit in die Gewässer. Das staatliche schwedische Chemikalienamt KEMI hat untersucht, dass nach drei Wäschen bei 40 Grad in 7 von 16 Stoffproben mehr als die Hälfte des Biozids ausgewaschen war. Eine Folge davon kann sein, dass sich die Pestizide in den Kiemen von Fischen anreichern können.4 6 

Experten warnen vor gesundheitlichen Folgen

Das Bundesumweltministerium warnt vor möglichen gesundheitlichen Folgen von Bioziden in der Kleidung. Das können allergische Reaktionen, Beeinträchtigungen der natürlichen Bakterienflora oder Resistenzentwicklung bei Krankheitserregern sein. Biozide sollten, laut Gast, Experte für wassergefährdende Stoffe im Umweltbundesamt, nur eingesetzt werden, wo es zwingend notwendig ist.4

Lies dazu auch unseren Artikel Minimalistisch Wäsche waschen

Gesundheitliche Folgen sind bisher jedoch wenig erforscht

Es ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar, ob Biozide ein Risiko für Frauen sind. Es gebe noch keine Studien darüber, ob die in Periodenunterwäsche genutzten Biozide die gesunde Bakterienflora im Intimbereich negativ beeinflussen. Eine Bewertung gesundheitlicher Folgen ist auch vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bislang noch nicht durchgeführt worden. So lange noch keine Studie durchgeführt wurde, werde der Einsatz von Pestiziden vom Institut (BfR) und von Frauenärzten aus kritisch gesehen. Es können aber keine sicheren Aussagen darüber getroffen werden.4

Man muss bei Periodenslips also wirklich genau hinschauen und vorsichtig sein. Das Eco-Magazin Peppermynta hat sich dazu auf eine sehr intensive Recherche begeben und u.a. das Bundesinstitut für Risikobewertung, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und das Pestizid-Aktionsnetzwerk zu Bioziden in Periodenunterwäsche befragt. Der einhellige Tenor ist, auf Biozide in Kleidung zu verzichten und nur in Bereichen, in denen es nicht anders geht, darauf zurückzugreifen.6 Periodenslips sind also sehr kritisch zu betrachten.

Den sehr empfehlenswerten und auführlichen Artikel von Peppermynta mitsamt Testungen verschiedener Firmen kannst du hier nachlesen.

Ein paar Hinweise und Gedankenanstöße

Menstruationstassen nicht 20 Minuten auskochen

Resultierend aus den Ergebnisse der vorgestellten Studie1 hat einhorn wissenschaftlich geprüft, wie der Ressourcenverbrauch bei Menstruationstassen gesenkt werden kann und wie lange sie sterilisiert werden müssen, um Keime abzutöten. Die Studie zeigt, dass es nicht nötig ist, Menstruationstassen 20 Minuten lang auszukochen. Es reicht, wenn man Wasser im Wasserkocher aufkocht, die Menstruationstasse mit dem kochenden Wasser übergießt und 5 Minuten abgedeckt ziehen lässt. Wenn du doch kochst, nutze immer einen passenden Deckel!5 Das spart Geld und schont die Umwelt.

Wie du Energie sparen kannst, liest du hier: 24 Energiespartipps: So kannst du im Alltag Energie sparen

Sparsamer Umgang mit Wasser, Seife

Gehe mit Wasser und Reinigungsprodukten sehr sparsam um und nutze nichts verschwenderisch. Nutze das, was du wirklich zum Reinigen und Desinfizieren benötigst, falls du Mehrwegprodukte nutzt.

Stoffbinden & Menstruationstassen lange nutzen

Entscheidest du dich für langlebige Produkte wie Stoffbinden und/oder Menstruationstassen, solltest du sorgsam mit ihnen umgehen, sie gut pflegen, sehr lange nutzen und aufbrauchen. Oft halten sie viele Jahre, manche Stoffbinden sogar über 20 Jahre.

Fazit

Es wurde deutlich, dass die Menstruationstasse die nachhaltigste getestete Variante ist, gleich gefolgt von der Bio-Baumwoll-Binde. In der Herstellung der Bio-Baumwoll-Binde werden zwar ebenfalls viele Ressourcen verbraucht (Stichwort Wasser- und Pestizidverbrauch für Baumwolle, wobei Bio-Baumwolle weniger Wasser und Pestizide benötigt), aber Stoffbinden aus Baumwolle sind extrem langlebig und enthalten in der Regel keinen Kunststoff. Doch auch da muss man genau hinschauen, da es auch einige Hersteller gibt – vor allem Hersteller aus China – die Kunststoff verarbeiten. Wichtig ist auch, auf Bio-Baumwoll-Binden zurückzugreifen, da diese nachhaltiger in der Herstellung sind. Es gibt auch viele (kleine) deutsche Firmen, die die Baumwoll-Binden selbst herstellen.
Beide Varianten vermeiden den meisten Müll, was – aus meiner persönlichen Sicht heraus – ein sehr wichtiger Aspekt ist.

Wie soll ich mich denn jetzt entscheiden?

Tja, wie immer kommt es auf deine individuellen Bedürfnisse an und es gibt kein Richtig oder Falsch. 

  • Was brauchst du, um dich sicher zu fühlen?
  • Mit welchen Produkt kommst du gut klar?
  • Welches Produkt bietet dir den besten Schutz?
  • Was fühlt sich für dich gut und richtig an?
  • Was ist dir wichtig? Stichworte: Müllvermeidung, Plastik auf der Haut, Komfort, Praktikabilität uvm.

Diese Entscheidung kann dir niemand abnehmen. Man muss das Thema ganzheitlich betrachten und für sich persönlich einen Weg finden. Es gibt auch körperliche Aspekte, die die Nutzung von dem einen oder anderen Produkt erschweren oder unmöglich machen. Aber vielleicht helfen dir diese Informationen und Studien – so unterschiedlich sie in den Ergebnissen auch sind – bei deiner Entscheidungsfindung. 

Liebe Grüße,
Janina

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Periode Nachhaltigkeit Produkte Test

Quellen
1 Comparative Life Cycle Assessment of Menstrual Products – einhorn
2 Menstruationstasse gewinnt in Ökobilanz – einhorn 
3 Wie nachhaltig sind die neuen Menstruationstrends wirklich? – Pressemitteilung von Johnson & Johnson GmbH auf Presseportal
4 „Nicht nachhaltig“ – Experten warnen vor Bioziden in Periodenslips – Redaktionsnetzwerk Deutschland
5 In Vitro Study to Assess Effective Cleaning Techniques for Removing Staphylococcus aureus from Menstrual Cups – MDPI
6 Periodenunterwäsche Test – Kritik an Menstruationshöschen – Peppermynta

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