Warum Bioplastik keine gute Alternative ist – Greenwashing

Bioplastik Kritik

Zuletzt aktualisiert am 4. Februar 2023

Wer sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt, stößt irgendwann unweigerlich auf Bioplastik und Biokunststoff. Es wird viel damit geworben, dass Plastiktüten, Coffee-to-go-Becher oder Kaffeekapseln biologisch abbaubar, kompostierbar oder aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Dadurch, dass das Wort „Bio“ enthalten ist, wird leicht suggeriert, dass Bioplastik umweltfreundlicher sei, als herkömmliches Plastik. Aber ist das auch so? Ist die ökologische Bilanz wirklich besser als die des herkömmlichen Plastiks? Worin bestehen die Unterschiede? Wir haben uns mal auf die Recherche begeben und nachgeforscht.


Hier kannst du unseren Beitrag zum Plastikatlas 2019 nachlesen.



Woraus besteht Bioplastik?

Gehst du in den Supermarkt und liest das Wort „bio“ auf Lebensmitteln, weißt du direkt, dass sie aus biologischem Anbau stammen. Bio steht für zwei Begrifflichkeiten: 1. Biobasiert (nachwachsende Rohstoffe) und 2. Fähigkeit, biologisch abgebaut zu werden.

Beim Bioplastik ist es aber schon etwas komplizierter zu verstehen, was sich dahinter verbirgt. Bioplastik ist ein biologisch abbaubarer oder biobasierter Kunststoff, dessen Begriff nicht geschützt ist. Auch fehlt es an einer einheitlichen Definition und wie viel Umweltfreundlichkeit tatsächlich dahintersteckt, weiß man oft auch nicht. Der Produzent kann seine Kriterien selbst festlegen.

Bioplastik besteht aus natürlichen und nachwachsenden Rohstoffen wie beispielsweise Mais, Zuckerrohr, Weizen oder Kartoffeln (biologische Basis) und/oder ist biologisch abbaubar. Am häufigsten werden Polymilchsäuren (PLA, aus Mais oder Zuckerrohr) und Polyhydroxyalkanoate (PHA, aus Mikroorganismen) für die Produktion von Bioplastik verwendet. 

Herkömmliches Plastik wird komplett aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl hergestellt und ist nicht biologisch abbaubar. Aber auch ist Bioplastik nicht immer frei von Erdöl. Wie viel Anteil an erneuerbaren Rohstoffen im Produkt enthalten ist, ist nicht vorgegeben. Das bedeutet, dass Bioplastik nicht vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden muss. Meist enthält Bioplastik sogar noch 40 bis 70 Prozent fossile Rohstoffe

Merke dir: Nur weil ein Produkt aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wurde, ist es nicht zwingend biologisch abbaubar. Auch ist ein Produkt, das biologisch abbaubar ist, nicht immer aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, sondern kann fossile Rohstoffe enthalten. 

Das Problem: Auch organisch hergestellte Produkte fallen unter Bioplastik, auch wenn sie nicht biologisch abbaubar sind. 

Wie erkenne ich Bioplastik?

Am Material selbst ist Bioplastik nicht zu erkennen. In der Regel sind Biokunststoffe/Bioplastik mit einem Recyclingcode  oder mit spezieller Angabe „biologisch abbaubar“ gekennzeichnet. Bioplastik enthält den Code 7. Auf der Seite BPA frei leben ist gut erklärt, was diese und andere Kategorien beinhalten und warum du sie möglichst meiden solltest.  

Sind biologisch abbaubare Kunststoffe vollständig kompostierbar?

Kompostierbar bedeutet, dass das Produkt unter ganz bestimmten Bedingungen (Sauerstoff, Feuchtigkeit, Temperatur – DING EN 13432) in einer gewissen Zeit (90 Tage/12 Wochen) biologisch abbaubar ist. Zudem müssen Mikroorganismen und Pilze vorhanden sein. In industriellen Kompostanlagen muss sich Bioplastik also bei 60 Grad in höchstens zwölf Wochen zersetzt haben. 



Auf keinen Fall auf dem eigenen Hauskompost entsorgen

Auf den hauseigenen Komposthaufen sollte Bioplastik nicht geworfen werden, da dort komplett andere Feuchte- und Temperaturbedingungen herrschen. Die Zersetzung ist da nicht gegeben und würde, wenn es sich denn zersetzt, viel länger dauern . Da normaler sich Kompost schneller zersetzt, als biologisch abbaubarer Kunststoff, kann es sein, dass die Qualität deines Komposts leidet, weil noch nicht alle Bestandteile des Kunststoffes vollständig zersetzt sind. Anders als bei echtem Bioabfall, entstehen bei biologisch abbaubaren Kunststoffen keine wertvollen Bodenbestandteile. Es findet lediglich ein Abbau zu Kohlendioxid (CO2) und Wasser statt.

Abbau dauert genauso lange, wie bei herkömmlichen Plastik

Der Großteil der biologisch abbaubaren Kunststoffe baut sich genauso langsam ab, wie herkömmliches Plastik. Selbst in Kompostieranlagen funktioniert der Abbau nur selten gut. Die deutschen Müllverbrennungssysteme sind einfach noch nicht darauf ausgelegt. Landet Bioplastik in der Bio-Tonne (z. B. Bioabfalltüten), werden diese aussortiert und verbrannt. Da durch das Aussortieren ein Mehraufwand entsteht, entsteht gleichzeitig auch ein höherer Energieaufwand.

Entsorgung und Recycling von Bioplastik

Der Hinweis, dass ein Produkt „biologisch abbaubar“ oder „kompostierbar“ ist, erweckt beim Verbraucher schnell den Eindruck, als könne man das Produkt in der Bio-Tonne oder auf dem eigenen Kompost entsorgen.  Dem ist aber, wie beschrieben, nicht der Fall!

Bioplastik gehört, wie alle anderen Kunststoffe auch, über die gelbe Tonne bzw. den gelben Sack entsorgt!

Zum einen sind, wie schon oben erwähnt, die deutschen Müllsysteme noch nicht darauf ausgelegt, zum anderen können bisher nur biobasierte Kunststoffe recycelt werden, die dieselbe chemische Struktur aufweisen, wie Kunststoffe aus Erdöl. Ein Beispiel: Biobasierte PET-Flaschen können zusammen mit PET-Flaschen recycelt werden. Da die Sortieranlagen nicht auf andere biobasierte Kunststoffe ausgelegt sind, landen diese meist in der Verbrennungsanlage.

Auch ist es auf dem normalen Hauskompost nicht möglich, Bioplastik zu entsorgen, weil die Voraussetzungen anders sind.

Was sind die Vor- und Nachteile von Bioplastik?

Natürlich, die Nutzung von Weizen, Mais und Zuckerrohr ist zunächst nachhaltiger, weil sie immer wieder angebaut werden können. Zudem sparen bei der Herstellung und Entsorgung CO2 und Erdöl. Bei der Müllverbrennung und beim Abbau setzt sich nur so viel C02 frei, wie die verwendete Pflanze beim Wachsen aufgenommen hat. Doch das war es auch schon, mit den Vorteilen im Großen und Ganzen. Die Nachteile sind doch enorm und dürfen nicht verschwiegen werden:

  • Die Begriffe „Bioplastik“, „Biokunststoff“, „biologisch abbaubar“ und „kompostierbar“ verunsichern die Verbraucher. Es besteht die Gefahr von Greenwashing. Außerdem besteht die Gefahr, dass Werbung mit den genannten Begriffen zu einer stärkeren Zunahme des Plastikkonsums führt (Stichwort: Wegwerfgesellschaft). Alleine die Wörter „umweltfreundlich“ oder „öko“ suggerieren dem Verbraucher, dass die Produkte bedenkenlos gekauft und anschließend weggeworden werden können. Oft werden sie dann achtlos weggeworfen. Dass die meist genauso lange zum Verrotten benötigen, wie herkömmlicher Kunststoff, wird dabei ausgeblendet.
  • Bioplastik besteht oft nur zu einem kleinen Anteil aus nachwachsenden und zum Großteil weiterhin aus fossilen Rohstoffen.
  • Bioplastik ist nicht über den eigenen Hauskompost biologisch abbaubar und kompostierbar und auch nicht über die Biotonne zu entsorgen! Eine Mogelpackung!
  • Die genutzten Rohstoffe wie beispielsweise Mais, Zuckerrohr und Weizen stehen in direkter Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion für Mensch und Tier. Außerdem gehen wertvolle Flächen für den Lebensmittelanbau verloren.
  • Rohstoffe, die nicht aus einem nachhaltigen Anbau stammen, versauern die Böden oder führen zu einem Überangebot an Nährstoffen. Die Überdüngung führt im Weiteren dazu, dass diese in Flüsse und Seen gelangen und das Wachstum von Algen beschleunigen. Dadurch wird das Gewässer stark belastet und Fischsterben tritt ein.
  • Für die Herstellung von biologischen Plastikrohstoffen oder Düngemittel werden fossile Energieträger benötigt und Diesel, Erdöl und Düngemittel eingesetzt. 
  • Oft werden beim Anbau Pestizide und teilweise auch gentechnisch veränderte Organismen eingesetzt.
  • Recycling von Bioplastik stellt noch ein enormes Problem dar. Es werden ganz bestimmte Voraussetzungen, wie zuvor bereits erwähnt, zur Verrottung von Bioplastik benötigt. Zu Hause lässt sich Bioplastik daher nicht kompostieren. Da sich Biokunststoff schlecht zersetzt, hilft er auch nicht bei der Herstellung von Biogas. Meist wird Bioplastik deshalb mit herkömmlichem Plastik aussortiert und verbrannt, da die Zersetzungszeit einfach zu lang ist.

Du siehst, die Ökobilanz von Bioplastik ist derzeit noch nicht umweltfreundlicher, als herkömmliches Plastik. Biokunststoffe sind genauso schwierig abbaubar, wie herkömmliche Kunststoffe.

Bioplastik ist nicht gleichzusetzen mit plastikfrei

Flustix zertifiziert mit eigenem Siegel plastikfreie Produkte. Bioplastik wird von Flustix nicht als plastikfrei gekennzeichnet, sondern wie herkömmliches Plastik behandelt. Bioplastik verlagert das Problem nur und löst unser Plastikproblem in keiner Weise. Wir sind also weiterhin angehalten, viel verantwortungsvoller mit Plastik umzugehen und den Verbrauch zu reduzieren. Hinzukommen muss eine funktionierende Kreislaufwirtschaft!

Fazit

Bioplastik ist derzeit noch nicht Antwort auf unsere Probleme. Die Begriffe „Bioplastik“ und „Biokunststoff“ sind irreführend. Durch die Vermarktung mit „öko“ und „biologisch abbaubar“ kann sogar ein noch achtloserer Umgang mit Plastik entstehen, als er ohnehin schon besteht. Das kann im Weiteren zu einer Verschärfung der Problematik unserer Wegwerfgesellschaft führen. 

Auch Ökobilanzen zeigen, dass biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe gegenüber herkömmlichen Plastikprodukten in der Gesamtheit keine ökologischen Vorteile aufzeigen. Die biologische Abbaubarkeit bei Bioplastik und ein Abbau auf dem eigenen Kompost sind derzeit noch nicht sichergestellt. Es entstehen auch keine wertvollen Bodenbestandteile. 

Es ist dabei weiterhin unerlässlich, dass wir unseren Müllverbrauch drastisch senken und wann immer wir können, auf Plastik und Konsum verzichten.

Der beste Abfall ist doch der, der gar nicht erst entsteht.

Wenn möglich, nutze Mehrwegverpackungen, die teilweise bis zu 1000 Mal wiederverwendet werden können. Dadurch werden Rohstoffe geschont. Die Ökobilanz von Mehrwegverpackungen ist deutlich besser als die von Bioplastik. Hier findest du Beiträge zum Thema Minimalismus, hier zum nachhaltigeren Familienleben und hier viele Erklärungen und Informationen zum Thema Nachhaltigkeit. Wir erklären dort Zusammenhänge und beleuchten bestimmte Themen. 

Liebe Grüße,
Jani

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