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Fast Fashion und Altkleider – was passiert mit den aussortierten Kleidungsstücken?

Zuletzt aktualisiert am 20. September 2024

„Lass uns die Sachen in den Altkleidercontainer werfen, dann tun wir was Gutes!“. Solche Gedanken hören wir immer wieder und auch wir selbst, haben früher so gedacht. Und der Gedanke ist absolut nachvollziehbar. Denn alle Kleidungsstücke die wir aussortieren, müssen auch entsorgt werden – und dank Fast Fashion ist das oft nicht wenig, was sich da im Laufe der Jahre ansammelt. Doch sind Altkleidercontainer oft keine gute Idee. Warum das so ist, möchte ich dir in diesem Artikel ausführlich darstellen. 

Mein Artikel handelt grundsätzlich von der Problematik Fast Fashion. Unter diesem Thema stelle ich dir eine Studie von Greenpeace zum Umgang mit Kleidung vor und lege dir anhand von Daten und weiteren Studien die Folgen für Menschen und Umwelt dar. Ich zeige dir, was mit den Altkleidern passiert und welches große Problem letztendlich dahintersteckt. Ich möchte dich aber auch vorwarnen: Der Artikel kann deinen Blickwinkel komplett verändern. Die Zahlen und Fakten sind dramatisch und schwere Kost, wenn einem das vorher noch nicht bewusst gewesen ist.

Studie von Greenpeace zum Umgang mit Kleidung

Fast Fashion ist ein absoluter Trend. Noch nie war Kleidung so billig und erschwinglich, was viele Menschen richtig gut finden. Sie möchten möglichst billig und viel Kleidung kaufen, immer mit dem neuesten Trend gehen und schick aussehen. Schließlich löst Shopping auch Glücksgefühle aus. Dafür aber wird die Kleidung selten oder nie getragen, häufig verstaubt sie im Kleiderschrank und oft kann man sich nicht einmal daran erinnern, dass man dieses oder jenes Kleidungsstück besitzt. Während Zara durchschnittlich 24 neue Billigkollektionen im Jahr auf den Markt bringt, präsentiert H&M etwa 12 bis 16 neue Billigkollektionen jährlich. Seit 2000 hat sich die Bekleidungsproduktion mehr als verdoppelt. Die Jahresumsätze sind mit 200 Milliarden US-Dollar gigantisch.1

Lies dazu auch: Das Streben nach Mehr – über Scheinbedürfnisse, innere Leere und Minimalismus

Greenpeace hat 2015 eine Umfange zum Umgang mit Kleidung in Auftrag gegeben. Greenpeace wollte wissen, wie viele Kleidungsstücke bei in Deutschland lebenden Menschen im Kleiderschränken hängen, wie oft sie getragen werden, was die Gründe für das Aussortieren sind, wie es um das Reperaturverhalten bestellt ist und in welchem Ausmaß Alternativen wie Kleidungstausch oder Second Hand genutzt werden. Durchgeführt wurde die Studie vom Institut Nuggets Market Research & Consulting GmbH. Teilgenommen haben 1.011 Person in Deutschland im Alter zwischen 18 und 69 Jahren.2

Ergebnisse der Studie

Durchschnittlicher Kleidungsbesitz

Jede erwachsene Person in Deutschland besitzt durchschnittlich 95 Kleidungsstücke – ohne Unterwäsche und Socken. Der überwiegende Teil besteht aus Oberteilen. Während 43 % angeben, zwischen 50 und 100 Teile im Kleiderschrank zu haben, gibt ein Drittel an, zwischen 100 bis über 300 Kleidungsstücke zu besitzen. Frauen besitzen im Durchschnitt 118 Kleidungsstücke, Männer hingegen 73 Teile.

Einkommen, Geschlecht, Bildung und Herkunft korrelieren mit den vorhandenen Kleidungsmengen im Schrank. Je höher Bildungsgrad und Einkommen, mit desto mehr Kleidung ist der Schrank gefüllt. Frauen im Westen Deutschlands besitzen am meisten Kleidung.

Etwa 19 % der Kleidung – also jedes fünfte Kleidungsstück – wird fast nie getragen. Rechnet man diese Zahlen hoch, liegen 1 Milliarde Kleidungsstücke ungenutzt im Kleiderschrank. Hinzukommen eine weitere Milliarde Kleidungsstücke, die seltener als alle drei Monate getragen werden. Das macht eine Summe von zwei Milliarden Kleidungsstücken, also knapp 40 %, die fast ungenutzt im Kleiderschrank liegen und daher umsonst produziert wurden.

Wie oft wird aussortiert?

In der Studie hat jede zweite Person angegeben, Oberteile, Hosen und Schuhe nur noch über einen kurzen Zeitraum zu tragen und die Teile innerhalb von weniger als einem Jahr auszusortieren. Jeder achte befragte Person trägt Schuhe weniger als ein Jahr. Die Hälfte sortiert Schuhe nach einem bis max. drei Jahren aus. Spätestens nach drei Jahren hat sich der Inhalt des Kleidungsschranks einmal komplett gewandelt. Fast die Hälfte aller Befragten hat in den letzten sechs Monaten Kleidungsstücke weggeworfen. Aussortiert werden die Kleidungsstücke entweder weil sie verschlissen sind (92 %) und/oder weil sie nicht mehr passen (72 %). Nur 21 % sortieren Kleidungsstücke ausschließlich dann aus, wenn sie kaputt sind oder nicht mehr passend.

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Zwei von drei Befragten sortieren Kleidungsstücke, die vollkommen in Ordnung sind aus, weil sie sie nicht mehr mögen. 40 % sortieren Kleidung aus, wenn sie nicht mehr der Mode oder ihrem Stil entsprechen. 31 % sortieren aus, um Platz im Kleiderschrank zu schaffen.

Tauschen, Leihen, Wegwerfen?

Entweder wird die aussortierte Kleidung weggeworfen oder in einen Altkleider-Container gegeben. Nachhaltige Alternativen wie Kleidungstausch oder Kleidung weitergeben werden selten genutzt. 83 % haben noch nie Kleidung getauscht. Verleihen kommt für 2/3 der Befragten nicht in Frage. 

2/3 geben aussortierte Kleidung im Bekanntenkreis weiter, 45 % haben schon einmal gebrauchte Kleidung gekauft oder verkauft. Interessanterweise gaben die 18- bis 29-jährigen vermehrt an, dass sie schon Kleidung getauscht haben. Bei den über 50-jährigen hat hingegen nur jeder Achte Kleidung getauscht. Ob ein Umdenken stattfindet?

Reparieren defekter Kleidung

Reparieren kommt für die Hälfte der Deutschen nicht mehr in Frage. Nur etwa jede siebte befragte Person hat seine Kleidung reparieren lassen, etwa die Hälfte hat noch nie Kleidung repariert. Über 54 % der Männer hat noch nie ein Kleidungsstück repariert, 38 % der Frauen haben innerhalb der letzten sechs Monate wenigstens ein Teil geflickt. Etwa 2/3 der Männer haben noch nie Second Hand gekauft, jedoch hat 1/4 der Frauen in den letzten sechs Monaten gebrauche Kleidung erworben. Dem Kleidertausch stehen beide Gruppen kritisch gegenüber (81 % der Frauen, 85 % der Männer).

Haltung zur Kleidung

Jeder zweiten befragten Person ist es wichtig, gut auszusehen. Etwa der Hälfte macht Shopping viel Spaß. 50 % wünschen sich ein Siegel, um nachhaltige, umweltverträgliche und fair hergestellte Kleidung zu erkennen. Trotzdem sind diese Aspekte nur bei jeder vierten befragten Person ein entscheidendes Kaufkriterium. 1/3 ist der Auffassung, dass Kleidung unbedingt preiswert sein muss. Etwa 50 % wünschen sich ähnliche Garantien für Kleidung wie bei Elektrogeräten. 39 % wünschen sich mehr Verantwortung durch die Unternehmen, Kleidung zurückzunehmen und wiederzuverwerten. 

Folgen für Mensch und Umwelt

Die Massen an Kleidung müssen auch produziert werden. In der Bekleidungsindustrie arbeiten deshalb etwa 60 Millionen Menschen weltweit. Durch sie werden über 80 Milliarden Kleidungsstücke im Jahr produziert. Für 43,6 Milliarden Euro importiert Deutschland Kleidung, wovon 90 % aus nichteuropäischen Ländern wie China, Türkei oder Bangladesch stammen. In Deutschland lebende Menschen kaufen durchschnittlich 60 neue Kleidungsstücke pro Jahr – Tendenz steigend.1

Die Leidtragenden sind die Arbeiterïnnen

Wie die Studie von Greenpeace aufzeigt, wir aber nicht erst seitdem davon wissen, ist Kleidung zur Wegwerfware geworfen. Das, was wir schon vermuteten, ist nun mit Zahlen hinterlegt. Unternehmen stellen sich auf diesen extremen Kleidungskonsum ein, weshalb die Trends immer häufiger wechseln und Produktionszeiten immer kürzer werden. Risikonehmende sind die Fabrikbetreibenden im Süden und Osten. Sie sind für die Einhaltung von Qualität und Lieferfristen verantwortlich. Es herrscht auf Grund der Vielzahl an Unternehmen eine riesige Preiskonkurrenz und nur sehr geringe Verhandlungsspielräume über Preis und Lieferfrist. Das alles wirkt sich auf die Textilarbeiterïnnen aus, die unter massiven Arbeitsrechtsverletzungen leiden und unter unwürdigen Bedingungen mit extremen Zeit- und Leistungsdruck arbeiten.1 

In Bangladesh erhalten Näherïnnen 0,32 USD pro Stunde. 

Das ist der niedrigste Lohn weltweit. Weil der Stundenlohn so extrem niedrig ist, ist Indien – nach China – der zweitgrößte Textilexprteur der Welt. In Pakistan erhalten Arbeitnehmerïnnen 0,55 USD pro Stunde.3

In Deutschland und Europa würde das niemand mitmachen und Proteste laut werden. Doch dort werden die Menschen unterdrück und haben keine Lobby. Und obwohl wir das alle wissen, kaufen wir weiterhin fleissig dort hergestellte Kleidung und feuern Fast Fashion durch unseren Konsum an.

Katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt

Extrem hoher Wasserverbrauch & Einsatz von Chemikalien

Nicht nur für die Arbeitnehmenden hat Fast Fashion massive Auswirkungen. Die Textilindustrie ist zum zweitgrößten Wasserverbraucher und -verschmutzer herangewachsen.

Für eine Jeans werden etwa 7.000 Liter Wasser verbraucht2, für ein Shirt aus Baumwolle etwa 15.000 Liter1. Hinzu kommen am Beispiel der Jeans 3.500 krebserregende, hormonell wirksame oder anderweitig giftige Chemikalien in der Weiterverarbeitung der Rohstoffe. Diese Chemikalien sind mittlerweile überall zu finden: in der Küstenluft von Südafrika, in den Organen von Eisbären und sogar in der Muttermilch.2 Ist dir schon mal der unangenehme, chemische Geruch in manchen Kleidungsgeschäften aufgefallen oder an einzelnen Kleidungsstücken, insbesondere an Hosen? Sie riechen oft nach Chemie. Warum ziehen wir sowas an und lassen das auf unsere Haut? Lebensmittel, die seltsam oder chemisch riechen, würden wir auch nicht unserem Körper zufügen.

Recycling kaum möglich

Während die Kleidung früher überwiegend aus Naturfasern bestand, besteht die Kleidung heute zu über 70 % aus billigen Kunstfasern.1 Die Qualität der Ware hat in den letzten Jahren stark nachgelassen. Neben minderwertigen Stoffen und billigen Kunstfasern sind die Kleidungsstücke oft schlecht verarbeitet.4 Außerdem gelangen beim Waschen der Kleidungsstücke kleinste Teile der Kunststofffasern in das Abwasser und in die Meere. Die Stoffe selbst sind nur sehr schwer zu recyceln und sind nicht zur Herstellung neuer Kleidung geeignet.1 

Wohin mit den Altkleidern?

Bevor Kleidungsstücke aussortiert werden, werden sie im Durchschnitt vier Mal getragen. Dadurch landen jährlich über eine Million Tonnen Altkleider auf Müllhalden und in Altkleidercontainern.1

Wo landet die aussortierte Kleidung?

Dreckige oder Kaputte Kleidung landet meist direkt im Müll. Ein Großteil kommt in die Altkleidersammlung. In Deutschland gibt es viele Organisationen und Einrichtungen, die Altkleider für Hilfsprojekte oder Second Hand Läden sammeln. Dazu gehören beispielsweise das Deutsche Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt und kirchliche Institutionen. Außerdem gibt es gewerbliche Sammler, die für Hilfsorganisationen arbeiten und Kommunen, die für gewerbliche Sammler Altkleider sammeln. Nicht zu vergessen die Altkleidercontainer, hinter denen sich gewerbliche Sammler verbergen, die aber ein offizielles Logo einer gemeinnützigen Organisation nutzen dürfen. Es ist dabei aber oft schwer zu erkennen, wer einen gemeinnützigen Zweck verfolgt und wer nicht.4 Neben den legalen Altkleidersammlern gibt es auch illegal aufgestellte Altkleidercontainer. Was sich dahinter verbirgt und warum dahinter ein perfides und gewinnoptimiertes System steckt, erkläre ich dir weiter unten.

Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, kannst du dich an den speziellen Qualitätssiegeln orientieren. Die Verbraucherzentrale hat dazu einen Flyer erstellt.

Nur ein kleiner Teil kommt bei den Bedürftigen oder im Second Hand Geschäft an

Nur bis zu 10 % der Kleiderspenden kommt bei Bedürftigen an oder werden als Second Hand Ware verkauft. 40 % hingegen werden in osteuropäische oder afrikanische Länder exportiert.4 Es lohnt sich für gewerbliche Altkleidersammler nur, wenn sie 60 % der gesammelten Ware verkaufen können.5 Weil die Fast Fashion Kleidung i.d.R. jedoch aus Kunststofffastern besteht oder qualitativ minderwertig ist, sind etwa 50 % der aussortierten Kleidungsstücke zum Weitertragen, wie auch zuvor beschrieben, unbrauchbar. Von den unbrauchbaren Kleidungsstücken geht ein großer Teil an Recyclingfirmen, wo aus den Fasern Putzlappen oder Dämmstoffe hergestellt werden.4 Hierbei ist jedoch auch wichtig zu wissen, dass nur reine Baumwolle recycelt und als Putzlappen verwendet werden kann. Alles, was nicht wiederverwertbar ist, was etwa 5 bis 10 % ausmacht, wird als Ersatzbrennstoff für Kohle genutzt oder wird in der Müllverbrennung verbrannt.4 5

Fast Fashion wird zum Minusgeschäft für Altkleider

Wie mehrfach beschrieben, ist die Kleidung heute minderwertig. Wegen der schlechten Qualität machen viele Sortierbetriebe ein Minusgeschäft. Aber auch die Massen an Altkleidern führen dazu, dass karitative Einrichtungen nicht mehr wissen, wohin sie mit den Kleiderbergen hinsollen. Es herrscht ein massiver Überfluss, der immer weiter zunimmt. Das machen sich verschiedene (unseriöse) Unternehmen zu Nutze, worauf ich nun intensiv eingehen werde.

Das perfide Geschäft mit den Altkleidern

Ich habe es eben schon erwähnt, dass Altkleidercontainer nicht gleich Altkleidercontainer ist. Oft werden in Städten an verschiedenen Stellen auf Privatgeländen illegal – also ohne Genehmigung – Altkleidercontainer aufgestellt, bei denen nicht einmal eine Adresse hinterlegt ist. Zwar ist eine Notfallnummer vorhanden, die Vertrauen erwecken soll, aber wenn man dort anruft, ist niemand erreichbar. Auch sind diese Altkleidercontainern mit gefakten Aufklebern und schönen Bildchen beklebt, die Vertrauen und Seriösität erwecken sollen. Das sind beispielsweise Aufkleber mit nicht existierenden Vereinen oder selbsterstellten Prüfzertifikaten. VerbraucherÏnnen wissen dabei nicht, ob es sich um einen seriösen Anbieter handelt oder nicht.6

Auch Inhaber der Privatgelände sind oft machtlos, da sie die Container auf eigene Kosten abschleppen lassen müssen und über keinerlei Kontaktdaten verfügen. Die Altkleidercontainer werden oft heimlich über Nacht dort aufgestellt. In manchem Fällen werden sie aber auch, trotz fehlender Genehmigung, mit Einverständnis der Grundstücksinhaberïnnen gegen Zahlung einer sehr gingen Miete aufgestellt. Der SWR-Marktcheck hat darüber eine spannende und sehr interessante Dokumentation gedreht, auf die ich mich in diesem Abschnitt beziehen werde.6 

Diese Altkleidercontainer sind gewerblich und stehen auf einem Privatgrundstück direkt an der Straße

Wo landen unsere Altkleider eigentlich?

Hinter illegal aufgestellten Containern stecken in der Regel Firmen, die am Gesetz vorbei auf illegale Art und Weise Geld verdienen. Wenn man bedenkt, dass der Marktwert pro Tonne Altkleider derzeit bei 300 bis 350 Euro liegt und die oben aufgeführten Zahlen hinzuzieht, kann man sich vorstellen, was für ein großer und gewinnbringender Markt dahintersteht. Die Kleidungsstücke werden teilweise quer durch Deutschland gefahren und an Sammelstellen aufbewahrt und sortiert. Von dort aus werden sie dann Kiloweise an weitere Händler verkauft, die die Kleidung dann ins Ausland weltweit verkaufen. Der Weiterverkauf ins Ausland bringt dann nochmal das Doppelte von dem ein, was ausgegeben wurde. Insbesondere Polen ist dabei ein Hauptabnehmer.6 

Nachdem die Kleidung in den dortigen Sammelstellen noch einmal sortiert wurde, werden die besten Teile in Second Hand Läden verkauft, der Rest wird exportiert, u.a. nach Afrika oder Indien. In Indien würden beispielsweise Pullover zu Wolle verarbeitet werden.6

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Altkleidercontainer unter karitativer Falle – ist das wirklich so seriös?

Manche Altkleidercontainer werden aber auch unter karitativer Flagge direkt von Second Hand Läden aufgestellt. Es wird auf diesen Containern damit geworben, Menschen in Not zu helfen. Doch niemand weiß genau, wo und in welcher Höhe der Erlös wirklich hinfließt. Das alles erscheint sehr dubios. Der SWR-Marktcheck macht dies am Beispiel von HUMAMA Kleidersammlung GmbH deutlich: HUMAMA Kleidersammlung GmbH betreibt europaweit 400 Second Hand Läden und wirbt damit, humanitäre Hilfen in Afrika finanziell zu fördern. Fakt ist aber, dass nur 3,1 % der Einnahmen in humanitäre Hilfen investiert werden. Knapp 60 % sind Betriebskosten, knapp 41 % Gehälter plus kleine Teile für Steuern und Investitionen. HUMAMA Kleidersammlung GmbH hat nie ein Spendensiegel erhalten, wirbt aber mit karitative Zwecke.6 Auch dieses Beispiel macht deutlich, dass man ganz genau hinsehen muss, wer dahinter steckt und was sich hinter Werbeslogans, Aufklebern und Siegeln verbirgt.

Und nicht unerwähnt bleiben darf die Aspekt, dass selbst karitative Einrichtungen ihre eigenen Second Hand Shops füllen und teilweise Kleidung gewerblich an Händler weiterverkaufen. Das liegt einerseits daran, dass manche Waren minderwertig und nicht in Second Hand Shops zu verkaufen sind, andererseits aber auch an der großen Menge an Kleidungsstücken, die gar nicht alle in Second Hand Läden verkauft werden können.5 6 Somit landen auch diese Altkleider zwangsläufig auf Kleidermüllbergen in anderen Ländern.

Warum macht da niemand was gegen?

Es bestehen viele Hürden, weshalb niemand einschreiten kann. Die Behörden haben unterschiedliche Zuständigkeiten, was die Arbeit erschwert. Das Hauptproblem aber ist, dass die Container nicht nicht auf öffentlichen Plätzen, sondern auf unmittelbar angrenzenden Flächen und Privatplätzen aufgestellt werden. Auf Privatgrund ist keine Genehmigung von Straßenbehörden notwendig. Das Aufstellen von Altkleidercontainern ohne Genehmigung ist allenfalls eine Ordnungswidrigkeit. Außerdem gibt es keine Kontaktdaten, so dass die Händler nicht kontaktiert werden können. Werden die Altkleidercontainer abgeschleppt, werden sie meist zeitnah an gleicher oder anderer Stelle wieder ersetzt. Die Firmen und ihre Inhaber wechseln stetig. Meist treten die gleichen Firmen in Erscheinung. Aber sie nutzen viele Tricks und auch Gesetzeslücken, um auf Zeit zu spielen. Aufforderung werden ignoriert und Auflagen nicht nachgegangen. Öffentliche Stellen sind dagegen machtlos.6

Die ganze Reportage kannst du dir hier ansehen:

Marktcheck deckt auf: Das Geschäft mit Altkleidern | Marktcheck deckt auf SWR

Export der Altkleider – ein Problem auf vielen Ebenen

Wie ich es oben schon kurz angeschnitten habe, werden etwa 40 % der Altkleider in osteuropäische oder afrikanische Länder exportiert. Deutschland ist einer der größten Exporteure von Altkleidern7. Manch einer denkt, dass dies toll sei, weil die Menschen dort in der Regel in vielen Ländern von Armut betroffen sind und dank der Spenden schöne, moderne Kleidung tragen können. Nicht umsonst gibt es beispielsweise in Afrika auf Kleidungsmärkten europäische Kleidung für umgerechnet weniger als einen Euro zu kaufen. Dort wird alles an Kleidungsstücken verkauft, auch die minderwertigen und schäbige Kleidungsstücke. Doch hat das fatale Folgen!

Umweltkatastrophe durch Altkleiderexport

In Ghana beispielsweise gehen auf dem größten Second-Hand-Markt des Landes Kantamanto wöchentlich 15 Millionen Kleidungsstücke ein. Ghana hat eine Bevölkerung von 31 Millionen Menschen. Demnach müsste die Hälfte aller Ghanaer mindestens ein Kleidungsstück kaufen, um die Unmengen an Kleidungsstücke aufzutragen – pro Woche. Dass das nicht geht, dürfte jedem klar sein. Weil einerseits die Mengen gar nicht aufgekauft werden und andererseits die Altkleider alt, aufgetragen, minderwertig und schäbig sind, landen sie auf dem Müll.

Täglich landen 70 Tonnen Altkleider auf einer Müllhalde am Ufer der Korle-Lagune. Das sie dort nicht liegen bleiben, sondern ins Meer gespült werden oder in die Lagune geweht werden, dürfte nachvollziehbar sein. Ghana ist aber nicht das einzige Land, die zu einer Müllkippe des Westens geworden sind. Es gibt viele Länder, in denen die Altkleider transportiert werden, riesige Mülldeponien entstehen und in denen das gleiche Problem vorherrscht. Beispielhaft sei die Stadt Alto Hospicio in Südamerika genannt, dem trockensten Ort der Welt. Hier werden schon 40 % der ankommenden Altkleider aussortiert und entsorgt. Täglich landen 20 Tonnen Altkleider in der Wüste. Fast die Hälfte aller Altkleider, die aus deutschen Altkleidercontainern oder kirchlichen Sammelstellen stammen, können nicht weitergetragen werden. Diese Teile eigenen sich nur noch, wie oben schon beschrieben, zur Weiterverarbeitung zu Putzlappen, als Ersatzbrennstoff für Kohle oder eben nur noch zur Entsorgung.7

Ein weiteres Problem: Unser Export bedroht einheimische Textilproduzierende!

Thomas Fischer, Referent für Kreislaufwirtschaft beim Fachverband Textilrecycling beim Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) hält dagegen, dass es in vielen Ländern gar keine Textilindustrie gebe oder die traditionelle Kleidung nicht den Wünschen entspräche. Viele Einheimische lebten von den Verkäufen. Er sieht das Problem nicht in den Massen an Second Hand Kleidung aus Europa, sondern an den synthetischen Billigklamotten und daraus resultierend Fast Fashion, einhergehend mit sehr schlechter Qualität der Kleidung. Diese Kleidung gerät schneller aus der Form, geht schneller kaputt, kann dadurch nicht verkauft und auch nicht recycelt werden. Andererseits sei der Bedarf an Kleidung aus Baumwolle auch nicht zu decken.5 

Fazit

Kleidung ist zu einem Wegwerf-Artikel verkommen. Anstatt Kleidung lange zu tragen und sie wertzuschätzen, wird sie weggeworfen und ausrangiert. Für die Produktion werden viele Ressourcen wie u.a. Wasser benötigt und viele umweltbelastende Chemikalien eingesetzt. Sehr viele Menschen, die unsere Kleidung produzieren, arbeiten in menschenunwürdigen und unter sehr gefährlichen Bedingungen.

Mit aussortierter Kleidung wird ein riesengroßes Geschäft gemacht, oft auch mit illegalen Machenschaften. Hier ist es wichtig, sich die Altkleidercontainer genau anzusehen und auf Altkleidercontainer anerkannter Organisationen zu achten. Noch besser ist es, wenn die Altkleidercontainer gar nicht erst genutzt werden, sondern Kleiderspenden direkt an Organisationen vor Ort abgegeben werden.

Wir sollten unsere Kleidung daher schätzen, hegen, pflegen und reparieren und möglichst lange tragen. Beim Kauf sollten wir auf Qualität achten und nur neukaufen, wenn es unumgänglich und wirklich notwendig ist. Vieles gibt es auch gebraucht. Andernfalls gibts es viele tolle und modische Marken, die ihre Kleidung fair produzieren. Wenn man wenig und selten Kleidung kauft, ist faire Kleidung auch nicht mehr so teuer. Und wenn man faire Kleidung mit manchen „Markenherstellen“ vergleicht, ist der preisliche Unterschied gar nicht so groß.

Wie immer ist diese Frage elementar:

Brauche ich das Teil wirklich?

Schlaf mehrere Nächte drüber und überlege es dir gut. Vielleicht helfen dir die Fakten dabei, deinen Kleidungskonsum zu überdenken und minimalistischer und nachhaltiger zu gestalten.

Helfen kann dir eine Capsule Wardrobe. Wie es geht, erfährst du hier. Warum Second Hand wichtig ist, erfährst du hier: Warum du Second Hand kaufen solltest.

Liebe Grüße,
Janina

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Altkleider FastFashion Auswirkungen Umwelt Mensch

Quellen

1 https://www.ci-romero.de/kritischer-konsum/kleidung/fast-fashion/
2 https://www.greenpeace.de/sites/default/files/publications/20151123_greenpeace_modekonsum_flyer.pdf
3 https://www.greenpeace.org/luxembourg/de/aktualitaet/11135/nachhaltige-mode-oder-fast-fashion/
4 https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Wegwerfmode-Was-passiert-mit-Altkleidern,kleidung170.html 
5 https://www.dandc.eu/de/article/experte-erklaert-warum-der-export-von-altkleidung-von-deutschland-nach-afrika-nicht
6 http://Marktcheck deckt auf: Das Geschäft mit Altkleidern – SWR
7 https://www.zeit.de/news/2022-02/01/kleidung-afrika-wird-zur-muellkippe-des-westens

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