Zuletzt aktualisiert am 20. September 2024
Ich erinnere mich an eine Situation bzw. einen Dialog in der Weihnachtszeit. Frederik wird von einem Vater eines Klassenkameraden unserer Tochter gefragt: „Na, seid ihr auch so im Weihnachtsstress? So viele Termine mit den Kindern im Kindergarten, in der Schule. Dann noch die ganzen Weihnachtsfeiern, Weihnachtsmarktbesuche. Plus den ganzen Einkaufs- und Geschenkestress.“ Uns wird in solchen Momenten wieder bewusst, dass wir „anders“ leben als andere, weil wir uns einen solchen Stress nicht machen/versuchen ihn nicht zu machen. Es wird uns wieder deutlich, dass Minimalismus sich eben nicht nur auf Konsum und Gegenstände bezieht, sondern auch bedeutet, Druck, Stress, Verpflichtungen und Last rauszunehmen.
Minimalismus – Besinnen auf das Wesentliche
In den Medien werden oft unterschiedliche und manchmal auch irritierende Bilder von Minimalismus gezeigt. Damit ich mich nicht wiederhole, verweise ich auf diese Artikel Minimalismus ist nicht die Lösung für alles und Ist Minimalismus nur was für Reiche oder Gutverdiener? Demnach bedeutet Minimalismus für jeden Menschen und für jede Familie etwas anderes. Die einen beziehen sich nur auf Gegenstände und ausmisten, andere beziehen Nachhaltigkeit mit ein, wieder andere beziehen sich auf ihre Finanzen, andere entschlacken ihr ganzes Leben. Manche Menschen verbinden einzelne Punkte miteinander, andere alles. Fragst du zehn Menschen, bekommst du zehn unterschiedliche Antworten, was Minimalismus für sie persönlich bedeutet. Und das ist auch gut so! Es sind immer andere Rahmen- und Lebensbedingungen, die etwas möglich oder eben nicht oder nur schwer möglich machen.
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Eigene Verhaltensmuster und Denkweisen reflektieren
Minimalismus in seiner Reinform kann so viel mehr sein, als bloßes Ausmisten, reduzieren und Geld sparen. Minimalismus kann dabei helfen, das eigene Leben zu entschlacken. Auf dem Weg zu einem minimalistischeren (Familien)Leben setzt man sich intensiv mit sich selbst auseinander. Man überdenkt und reflektiert u.a.
- den eigenen Konsum
- das evtl. vorhandene Übermaß an Gegenständen
- Gedanken, Einstellungen und Haltungen
Dabei entdeckt man positive und negative Verhaltensmuster und Denkweisen.
Ein Beispiel, um das Ganze zu verdeutlichen: Shoppen bei schlechten Gefühlen
Manchmal fühlt man sich nicht gut. Um dem schlechten Gefühl zu entkommen, shoppt man online oder vor Ort und möchte sich etwas Gutes tun. Shoppen setzt eben Glücksgefühle frei. Doch sind diese Glücksgefühle nur temporär. Langfristig macht shoppen nicht glücklich, häuft aber eine Menge Kram an. Ein Teufelskreis entsteht.
Reflektiert man also seinen Konsum (z. B. in Form einer No-Buy-Challenge) können einem diese Muster oder Beweggründe bewusst werden und zu Tage treten. So könnte man sich in einem weiteren Schritt, in Bezug auf das genannte Beispiel fragen:
Reflektiert man dieses Gefühl, stößt man evtl. auf ganz andere Aspekte. Das können beispielsweise sein:
- Ich fühle mich schlecht, weil ich so viel Stress habe.
- Ich fühle mich schlecht, weil mich der anstehende Termin stresst.
- Ich fühle mich schlecht, weil ich einsam bin.
- Ich fühle mich schlecht, weil ich unter Dauerstrom stehe und nicht abschalten kann.
- Ich fühle mich schlecht, weil ich meinen Job nicht mag.
- Ich fühle mich schlecht, weil ich in meiner Beziehung unglücklich bin.
- …..
Neue Lösungsmöglichkeiten entstehen
Hieraus entstehen in einem weiteren Schritt neue Wege und Lösungsmöglichkeiten. Wenn ich also für mich klar habe, dass ich beispielsweise zu viele Termine habe, könnte ich mich fragen:
- Kann mein Partner/meine Partnerin den Termin übernehmen?
- Warum muss ich den Termin eigentlich wahrnehmen? Muss ich das wirklich?
- Was kann ich tun/Was brauche ich, damit mich der Termin nicht mehr stresst?
- Nehme ich den Termin wahr, nur weil andere das von mir erwarten?
Es kann also durchaus sein, dass man anfängt, für sich Prioritäten zu setzen, nicht jeden Termin wahrzunehmen, seinen Terminkalender bewusster zu hinterfragen und zu entschlacken, seine Beziehung zu verändern uvm.
Minimalismus kann im Verlauf also Auswirkungen auf viele Bereiche haben! Das genannte Beispiel ist nur ein Aspekt, der bewusst werden kann.
Minimalismus hilft, sich selbst kennenzulernen
Denken wir das Ganze mal weiter: Wenn ich für mich klar habe, dass ich manche Dinge nicht möchte, bestimmte Sachen mir Stress bereiten und ich manches einfach nicht will, dann kann ich das ändern. Was vorher vielleicht einfach nur ein (negatives) Gefühl war, ist jetzt zu benennen, also greifbar und veränderbar geworden.
Durch Minimalismus kann man im Verlauf lernen, was wichtig für einen selbst ist und was man selbst wirklich möchte. Man lernt
- sich selbst kennen,
- sich von anderen abzugrenzen,
- nicht jeden Trend mitzugehen,
- sich klarer zu strukturieren und zu positionieren,
- zufrieden zu sein, mit dem was man hat,
- seine Stärken und Schwächen zu akzeptieren.
Minimalismus und Nachhaltigkeit bedeuten nicht, alles selbst zu machen!
Ein Irrglaube der umhergeht ist auch, dass minimalistischer und/oder nachhaltigerer zu leben bedeutet, alles selbst zu machen. Tut mir leid, dass ich dich da jetzt vielleicht enttäuschen muss, aber: Das bedeutet es nicht. Wenn du Spaß daran hast, dann mache das. Wenn dir das aber schwer fällt, du da keine Lust drauf hast, es dir Stress bereitet – dann lass es! Mach nichts, nur weil weil andere es von dir erwarten.
- Hast du immer einen Kuchen für das Schulfest oder Geburtstag gebacken, obwohl du dafür keine Zeit oder keine Lust hattest? Dann lass es! Kauf einen fertigen Kuchen und gut ist. Mach dir nicht den Stress, nur weil du glaubst, dass andere von dir einen frisch gebackenen Kuchen erwarten. Und ganz nebenbei: Meinst du wirklich, dass das jemand merken würde? Es kann sogar soweit gehen, dass du ein Vorbild für jemanden wirst. Wenn jemand anderes sieht, dass du dir den Stress rausnimmst, kann es für jemanden, der noch nicht so weit ist, wichtig sein. Vielleicht wird diese Person als Resultat beim nächsten Mal auch fertigen Kuchen kaufen und sich Stress rausnehmen.
- Bist du bei Veranstaltungen immer vorne bei, wenn es um die Organisation oder Übernahme von Aufgaben geht, nur weil es kein anderer macht? Frag dich mal, warum du das machst: Machst du es gerne? Super, dann weiter so! Machst du es ungern, meldest dich aber trotzdem immer wieder? Warum tust du das? Welche Gefühle und Gedanken stecken dahinter? Was passiert, wenn du nein sagst? Es ist nicht immer leicht, aus Verhaltensmustern auszubrechen und es braucht manchmal auch viel Kraft, sich aktiv gegen etwas zu stellen und sich auf die Finger zusetzen, aber im Resultat wirkt es befreiend. Auch hier wieder: Meist findet sich jemand anderes, der die Aufgabe übernimmt. Man hat meist selbst nur das Gefühl, etwas tun zu müssen, weil es kein anderer macht.
- Du bist der Meinung, dass du dein Brot, dein Deo, deine Seife, Badezusatz oder was auch immer selbst machen musst, um nachhaltig zu leben? Nein, das musst du alles nicht. Klar, du kannst es, wenn es dir Freude bereitet, aber du musst es nicht. Es ist viel wichtiger, sparsam mit dem Vorhandenen umzugehen und einfache und machbare Lösungen/Alternativen zu finden.
Minimalistischer und nachhaltiger zu leben bedeutet für uns, einfacher zu leben. Dazu braucht man nicht mehr Zeit. Im Gegenteil: Dieser Lebensstil soll dir mehr freie Zeit und Freiheit geben. Wir müssen nicht alles komplizierter machen, als es ist.
Vielleicht ist das für dich jetzt noch nicht vorstellbar. Vielleicht fragst du dich auch, wie das alles zusammenhängt. Doch wenn du dich auf eine Reise in ein minimalistischeres und nachhaltigeres Familienleben begibst, wirst du sehen und verstehen. Minimalismus bedeutet so viel und kann so viel verändern. Öffnest du eine Tür, öffnet sich dahinter schon die Nächste. Und das macht die Reise so vielfältig und spannend.
Viele Grüße,
Janina
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Vor einigen Jahren war die Auswahl an natürlichen Kosmetikprodukten und Reinigungsmitteln noch wesentlich kleiner. Festes Shampoo in der Drogerie? Fehlanzeige! Und wenn es etwas gab, war das oft auch teurer. Das hat sich heute zum Glück geändert und man bekommt viele gute Produkte zu einem fairen Preis.
Ich wollte damals auch ein festes Shampoo und habe mir dann ein Rezept zum Selbermachen rausgesucht. Aber für die Zutaten hatte ich am Ende mindestens genau so viel Müll, wie bei einem gekauften Produkt (Unverpacktläden gab es nicht in erreichbarer Nähe). Das muss jeder für sich herausfinden, was besser passt und ob es die Mühe braucht. Ich bin dankbar, dass ich vieles nicht selber machen muss.
Hallo Vanessa,
da stimme ich dir zu! Wir haben auch mal unser Shampoo selbstgemacht, aber der Aufwand, die Kosten, der Müll – all das war es uns nicht wert. Manch andere gehen darin auf. Das muss, wie wir uns auch einig sind, jeder für sich selbst entscheiden.
Mir war sehr wichtig, einmal klar und deutlich zu sagen, dass Nachhaltigkeit und Minimalismus nicht bedeuten, alles selbst zu machen (machen zu müssen) und wollte Menschen den Druck rauszunehmen. Danke, dass du diesen Aspekt herausgepickt und kommentiert hast!
Liebe Grüße,
Janina