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Der ökologische Fußabdruck: Eine kleine Kritik

ökologischer Fußabdruck Kritik

Du hast sicher schon mal etwas vom ökologischen Fußabdruck gehört. Der ökologische Fußabdruck misst den Ressourcenverbrauch und die Umweltauswirkungen auf individueller, gemeinschaftlicher und nationaler Ebene und ist regelmäßig in den Medien präsent. Der ökologische Fußabdruck klingt zunächst nach einer super Sache, hätte nicht die Ölindustrie ihre Finger im Spiel und wären da nicht ein paar Kritikpunkte. Was der ökologische Fußabdruck ist und was die Ölindustrie damit zu tun hat, erkläre ich dir in diesem Artikel.


Inhaltsverzeichnis

Was ist der ökologische Fußabdruck?

Der ökologische Fußabdruck ist ein Modell bzw. ein Konzept, mit dem man messen kann, wie sehr sich die Lebensweise eines Menschen bzw. einer Gesellschaft auf die Umwelt auswirkt. Dabei wird zusammengerechnet wie sich ein Mensch ernährt, wie seine Einkaufsgewohnheiten sind, wie er wohnt, welchen Abfall er produziert, wie er sich fortbewegt usw. Ausrechnen lassen kannst du deinen ökologischen Fußabdruck u.a. auf den Seiten von Brot für die Welt. Am Ende zeigt er dir an, in welchen Bereichen du ansetzen kannst, um nachhaltiger zu leben.

Wer entwickelte das Konzept des ökologischen Fußabdrucks?

Im Rahmen seiner Dissertation (Unser ökologischer Fussabdruck: Wie der Mensch Einfluss auf die Umwelt nimmt. Basel; Boston; Berlin 1997) entwickelte Dr. Wackernackel zusammen mit Dr. Rees das Konzept des ökologischen Fußabdrucks („Ecolgical Foodprint) als Teil ihrer langjährigen Forschung zur Nachhaltigkeit und zur Bewertung des Ressourcenverbrauchs im Verhältnis zur biologischen Kapazität der Erde.

Dr. Rees und Dr. Wackernagel führten die erste Berechnung des ökologischen Fußabdrucks durch, um zu veranschaulichen, wie viel biologisch produktive Fläche für die individuellen Lebensstile oder die einer Gemeinschaft benötigt werden. Sie wollten ein Werkzeug erschaffen, das Menschen und Entscheidungsträger dabei unterstützt, die Auswirkungen des jeweiligen Konsumverhaltens auf die Umwelt besser zu verstehen und ihr Handeln nachhaltiger zu gestalten.

Auch heute noch engagiert sich der Vordenker in Sachen Nachhaltigkeit, Dr. Wackernagel, weiterhin gegen eine Übernutzung der vorhandene Ressourcen zum Schutz unserer Erde. Seit seiner Dissertation ist er international in Forschung und Lehre sowie als Berater von Regierungen und NGOs und Autor verschiedener Aufsätze und Bücher tätig. Er ist Präsident der Organisation Global Footprint Network, einer internationalen Forschungsgruppe in Oakland (Kalifornien).

Die Ölindustrie nutzt den ökologischen Fußabdruck für eigene Zwecke

Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass der Ölkonzern BP das Konzept des ökologischen Fußabdrucks für eine Werbekampagne erfunden hat. Auch bei meinen Recherchen bin ich immer wieder auf diese Behauptung gestoßen. Soweit ich herausfinden konnte, hat der Konzern das Konzept nicht erfunden (s.o.), sondern in den 2000er Jahren massiv als PR-Aktion genutzt und bekannt gemacht. Der Gedanke dahinter: Die eigene Verantwortung an der Klimakrise an das Individuum abgeben und Schuldgefühle erzeugen. Es sollte das Image des Klimaretters erweckt werden: „Schaut her! Klimaschutz ist uns wichtig! Wir können nichts für die drohende Klimakatastrophe! Ihr seid als Individuen in der Verantwortung!“

Dabei sind Einzelpersonen mit Sicherheit nicht die Hauptverursacher von CO2-Emissionen, auch wenn uns die Ölindustrie das gerne glauben lassen möchte und versucht, mit solchen Kampagnen von der eigenen Verantwortung abzulenken. Wir Privatpersonen können nationale Treibhausgasemissionen nur wenig beeinflussen. Worauf wir einen Einfluss haben sind Transport, Wohnen und Lebensmittel.
Die Ölindustrie steht absolut, wie auch andere Konzerne und PolitikerÏnnen (Liste lässt sich weiter fortführen), in der Verantwortung in Punkto Klimaschutz. Die Ölindustrie ist ein massiver CO2-Verursacher. Außerdem weiß die Ölindustrie schon seit den 1970er Jahre durch teilweise eigene Forschung, was in Sachen CO2-Ausstoß und Klimaschutz zu tun ist und welche Folgen drohen.

Eine kurze, 9-minütige Doku von PlanetB darüber, wie die Ölindustrie den Klimawandel vertuscht, findest du hier:

Die Verantwortlichen sollten ihrer Verantwortung endlich einmal nachkommen und nicht immer abgeben und davon ablenken!

Kritik am ökologischen Fußabdruck

Grundsätzlich finde ich persönlich die Idee des ökologischen Fußabdruck gut. Durch den ökologischen Fußabdruck können Menschen für ihr Konsumverhalten sensibilisiert werden. Allerdings sehe ich auch einige Kritikpunkte:

Der ökologische Fußabdruck vereinfacht komplexe Zusammenhänge

Umwelt- und Ressourcennutzungsfragen sind sehr komplex und werden durch den ökologischen Fußabdruck auf eine einzige Zahl reduziert. Das kann dazu führen, dass einige der vielfältigen Faktoren nicht angemessen berücksichtigt werden, wodurch die Umweltbelastung weiter steigen kann.

Der ökologische Fußabdruck legt den Fokus auf die eigene Verantwortung

Dieser Punkt ist für mich einer der zentralsten Kritikpunkte. Der ökologische Fußabdruck betont das individuelle Verhalten und Konsumverhalten. Strukturelle und systematische Probleme, wie beispielsweise Praktiken der Industrie, politische Entscheidungen, Wirtschaftssysteme) finden darin weniger Beachtung, wodurch die Verantwortung für Umweltprobleme auf den einzelnen Menschen abgewälzt wird. Es ist vollkommen klar, dass jeder Mensch bei sich schauen muss, allerdings tragen viele weitere Faktoren, auf die der einzelne Mensch wenig Einfluss hat, zur Umweltproblematik bei.

Der ökologische Fußabdruck berücksichtigt keine individuellen Lebensstile und -bedingungen, keine Ungleichheiten und keine kulturellen Unterschiede

Der Fußabdruck berücksichtigt nicht immer die unterschiedlichen Lebensstile und -bedingungen von Menschen in verschiedenen Regionen oder sozialen Schichten. Menschen aus Entwicklungsländern beispielsweise verbrauchen weniger Ressourcen als Menschen in Industrieländern. Sie konsumieren weniger, was aber auf verschiedene Faktoren wie beispielsweise einem niedrigen Einkommen, wenig Industrialisierung und einen eingeschränkten Zugang zu Technologien zurückzuführen ist. Dadurch ist der ökologische Fußabdruck in Entwicklungsländern kleiner.

Man kann grundsätzlich sagen: Je wohlhabender ein Mensch oder eine Gesellschaft ist, desto höher ist der ökologische Fußabdruck. Allerdings sind die Menschen in ärmeren Ländern, obwohl sie oftmals einen viel geringeren Fußabdruck haben, viel stärker von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen und absolut benachteiligt.

Außerdem berücksichtigt der ökologische Fußabdruck auch keine kulturellen Unterschiede im Konsumverhalten und im Lebensstil, was zu verzerrten Sichtweisen führen kann.

Der ökologische Fußabdruck ist von Daten abhängig

Um den ökologischen Fußabdruck berechnen zu können, sind Daten notwendig. Die Berechnung hängt also von der Verfügbarkeit und von der Qualität der Daten ab. Durch ungenaue und unvollständige Daten kann es daher zu falschen Schlussfolgerungen kommen.

Der ökologische Fußabdruck berücksichtigt keine Ökosystemdienste

Der ökologische Fußabdruck misst hauptsächlich den Ressourcenverbrauch, berücksichtigt dabei jedoch nicht Dienste, die das Ökosystem selbst bietet, z. B. die Luft- und Wasserreinigung. Dadurch gibt es ein unvollständiges Bild der Umweltauswirkungen.

Konkrete Lösungen auf Handabdruck.eu

Germanwatch und Brot für die Welt haben eine Art Persönlichkeitstest entwickelt, die aktive Lösungen bieten, statt Verzicht aufzeigen. Am Ende des Tests erhälst du individuelle Empfehlungen, was du nachhaltig ändern kannst. Den Test findest du auf Handabdruck.eu.

Fazit

Das die Ölindustrie das Konzept des ökologischen Fußabdrucks für seine Zwecke genutzt (missbraucht?) hat, dafür können die Erfinder nichts. Deshalb finde ich persönlich das Konzept des ökologischen Fußabdrucks generell gut und sehe es als eine gute und auch wichtige Erfindung mit Mängeln an. Und so sollte man den persönlichen Fußabdruck auch nutzen: Als Orientierung, aber nicht als Gesetz.

Mich macht es wütend, dass dieses Konzept von der Ölindustrie genutzt wird, um von den eigenen Fehlern und der eigenen Verantwortung abzulenken. Konzerne, die die Hauptverursacher für CO2-Emissionen sind, reden es schön und drucksen sich aus der Misere. Wir Individuen haben immer nur einen kleinen Einfluss auf das große Ganze. Es macht mich sauer, dass wir im Kleinen immer wieder unser Bestes geben und auch öffentlich dazu aufgefordert werden, aber die, auf die es ankommt, immer wieder die Verantwortung abgeben.

Wir sollten dennoch weiterhin bei uns selbst schauen und versuchen nachhaltiger zu leben, wo es möglich ist. Jeder einzelne zählt und gemeinsam sind wie viele. Wir sollten uns aber nicht unter Druck setzen lassen, weil das zu keinen langfristigen Veränderungen führen wird.

Falls dich Nachhaltigkeit interessiert und du dich einlesen möchtest, empfehle ich dir folgende unserer Artikel:

Viele Grüße,
Janina

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